ADHS

Cannabis und ADHS

Wissenschaftliche Erkenntnisse zum medizinischen Einsatz von Cannabis bei der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung gibt es bisher nicht sehr viele. Die Forschung steckt hier noch in den Kinderschuhen – was generell auf den Bereich Cannabis in der Psychiatrie zutrifft.

Das belegt auch eine Überblicksarbeit aus dem Jahr 2019 zu dem Thema [2]. Diese analysiert die Daten aus allen Fallstudien und klinischen Studien mit medizinischem Cannabis für alle wichtigen psychiatrischen Störungen. ADHS gehört dazu. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass es wenige positive Hinweise zur Wirkung von Cannabis als Medizin bei ADHS gäbe. Aufgrund der fehlenden Evidenz sei es verfrüht, eine Cannabinoid-Therapie bei dieser Störung zu empfehlen.

Diese Ergebnisse werden durch eine andere aktuelle Meta-Studie aus dem Jahr 2020 zum Thema Cannabinoide zur Behandlung von psychischen Störungen bestätigt. Auch diese Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass es “nur wenige Hinweise” darauf gibt, dass Cannabis als Medizin ADHS-Symptome verbessert [3].

Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS

Die Berichte von ADHSPatienten zeigen, dass betroffene Erwachsene nicht selten Cannabis zur Selbstmedikation nutzen und damit gute Erfahrungen für sich gemacht haben. Eine 2017 durchgeführte Studie am King’s College in London veranschaulicht, dass es notwendig ist, die Zusammenhänge zwischen ADHS und der Symptomverbesserung durch Cannabis weiter zu erforschen [4].

An der randomisierten, placebokontrollierten Pilotstudie nahmen 30 erwachsene ADHS-Patienten teil. Diese erhielten entweder das Mundspray Sativex (Wirkstoffe: THC und CBD) oder ein Placebo für sechs Wochen. Die mit dem Cannabis-Medikament behandelten Teilnehmer berichteten über eine deutliche Verbesserung der Hyperaktivität und Impulsivität ohne Beeinträchtigungen der kognitiven Fähigkeiten. Generell wurde das Cannabis-Medikament gut vertragen, es gab allerdings einen Fall von schweren Nebenwirkungen mit muskulären Anfällen und Krämpfen.

Diese Studie liefert laut der Wissenschaftler “vorläufige Beweise, die die Theorie der Selbstmedikation des Cannabis-Konsums bei ADHS und den Bedarf weiterer Studien des Endocannabinoid-Systems bei ADHS unterstützen” [4]. Für die Forschung ist die vorliegende Untersuchung jedoch nur ein kleiner Hinweis darauf, dass medizinisches Cannabis in der Behandlung von ADHS hilfreich sein könnte, da die Teilnehmerzahl niedrig war.

Dr. Franjo Grotenhermen und Dr. Eva Milz haben 2015 eine Untersuchung mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistentem ADHS vorgestellt. Alle Teilnehmer verfügten über eine damals notwendige Ausnahmegenehmigung zur Verwendung von medizinischem Cannabis in Form von Cannabisblüten, Cannabisextrakt oder Dronabinol. Bei allen Patienten konnte nach einer Cannabis-Therapie eine Verbesserungen des Gesamtzustandes festgestellt werden. Insbesondere Symptome wie Schlafstörungen, Impulsivität sowie Konzentrationsschwierigkeiten verbesserten sich.

Fazit: Ist Cannabis bei ADHS hilfreich?

Wer die Studienlage zum medizinischen Einsatz von Cannabis beim Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom untersucht, findet ein paar wenige ermutigende Ergebnisse. Medizinisch betrachtet sind die Beweise jedoch nur gering. Demgegenüber stehen diverse Fallberichte von Patienten, behandelnden Ärzten und Kliniken, die berichten, dass Cannabis die Konzentrationsfähigkeit bei ADHS verbessert. Darüber hinaus hat es positive Effekte auf Probleme wie Schlaflosigkeit, Depression und impulsives Verhalten.

Cannabis scheint sich bei Personen mit ADHS anders auszuwirken als bei Menschen, die nicht von der Störung betroffen sind. Die genauen Zusammenhänge, wie Cannabinoide auf das Endocannabinoid-System von ADHS-Patienten wirken, werden in der Zukunft hoffentlich weiter erforscht.

[1] Robert Koch Institut, KIGGS Basiserhebung.

[2] Sarris, J., Sinclair, J., Karamacoska, D. et al. Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review. BMC Psychiatry 2024 (2020). https://doi.org/10.1186/s12888-019-2409-8

[3] Black N, Stockings E, Campbell G, et al. Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis. Lancet Psychiatry 2019;6(12):995-1010. doi:10.1016/S2215-0366(19)30401-8

[4] Cooper R.E., Williams E., Seegobin S., Tye C., Kuntsi J., Asherson P.: Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: a randomised-controlled trial. Eur Neuropsychopharmacol 2017;27(8):795–808.

[5] Cannabinoid Conference 2015