Allgemeine Übersicht
Was ist medizinisches Cannabis?
Im engeren Sinn fasst medizinisches Cannabis bzw. Medizinal-Cannabis Cannabisblüten zusammen, die für unterschiedliche medizinische Indikationen therapeutisch eingesetzt werden können. Unter medizinischem Cannabis werden aber auch weitere Cannabinoid-haltige Arzneimittel, wie Cannabis-Vollspektrum-Extrakte und Monopräparate, die nur Dronabinol (THC) bzw. Cannabidiol (CBD) oder Kombinationen beider Cannabinoide enthalten.
THC
Tetrahydrocannabinol [THC, genauer-Δ⁹-trans-Tetrahydrocannabinol] ist eine psychoaktive Substanz, die zu den Cannabinoiden zählt. Die Substanz kommt in Pflanzen der Gattung Hanf vor und ihr wird der Hauptanteil der berauschenden Wirkung zugesprochen.
Terpene
Cannabis enthält neben Cannabinoiden auch noch weitere wichtige Inhaltsstoffe, darunter zahlreiche Terpenoide und Terpene. Mehr als 200 verschiedene Terpene wurde mittlerweile identifiziert, die zur Gesamtwirkung von medizinischem Cannabis beitragen. Zu den wichtigsten Terpenen gehören: Linalool, Limonen, Pinen, Myrcen, Caryophyllen, Nerolidol und Phytol.
Das Zusammenspiel von Cannabinoiden und Terpenen wird unter dem Begriff “Entourage-Effekt” zusammengefasst.
CBD
Cannabidiol ist ein Phyto-Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf, das 1940 entdeckt wurde. Es ist neben Tetrahydrocannabinol eines von 113 identifizierten Cannabinoiden in der Cannabispflanze und macht bis zu 40 % des Pflanzenextrakts aus.
Wirkung von THC & CBD
THC findet hauptsächlich aufgrund der schmerzlindernden (analgetischen), Spastik-lösenden (spasmolytischen), appetitanregenden und Übelkeit-unterdrückenden (antiemetischen) Wirkungen medizinische Anwendung. CBD zeigt sehr gute antiepileptogene, Angst-lösende (anxiolytische) und antidepressive Effekte. Außerdem gibt es einen Wirksamkeitsnachweis zur Behandlung von Psychosen (antipsychotisch wirksam).
Unterschiede zwischen THC und CBD
Tetrahydrocannabinol (THC) entfaltet seine Wirkung hauptsächlich über die Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems. Anders als Cannabidiol (CBD) kann THC auf die Psyche (psychotrop wirksam) einwirken, womit auch der berauschende Effekt zu begründen ist. Dieser wird durch Interaktion mit dem CB1-Rezeptor induziert. CBD ist nicht psychotrop wirksam. Außerdem wird die pharmakologische Wirkung von CBD primär unabhängig vom Endocannabinoid-System über Wechselwirkungen mit einer Vielzahl anderer Rezeptoren, sowie von Neurotransmittern, Transportersystemen und (Ionen)Kanälen vermittelt. Dosisabhängig können auch Nebenwirkungen von THC durch CBD abgeschwächt werden.
CBN
Alle Cannabinoide sind natürliche, fettlösliche Inhaltsstoffe der Hanfpflanze sind. Sie können – wenn auch auf unterschiedliche Weise – über die Rezeptoren des sogenannten körpereigenen Endocannabinoid-Systems, das eine Reihe von biologischen Prozessen beeinflusst, mit unserem Körper interagieren. Während die CBD Konzentration in der weiblichen Nutzhanfpflanze recht hoch ist, ist die von CBN eher niedrig und muss sehr sorgfältig extrahiert werden. Und obwohl sich CBN durch eine nicht-enzymatische Oxidation aus THC entwickelt, hat es nur eine sehr leichte psychoaktive Wirkung und ist absolut legal in Deutschland.
Anwendung von Cannabisblüten
Die Therapie mit Cannabisblüten sollte primär mit Hilfe von Vaporisatoren erfolgen. Dabei werden die Cannabisblüten bzw. einzelne Dosiereinheiten dieser auf ca. 200°C erhitzt werden. Diese thermische Einwirkung ist für die Bildung der pharmazeutisch genutzten Cannabinoide Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol wichtig, da THC und CBD in den unbehandelten Cannabisblüten in ihrer Vorstufe als Säure (THCA und CBDA) vorliegen. THCA und CBDA haben eine andere pharmakologische Wirkung als THC und CBD! Außerdem entsteht durch Erhitzung der Cannabisblüten ein inhalierbares Aerosol der Inhaltsstoffe!
Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen, die unter einer Therapie mit THC- und/oder CBD-haltigen Arzneimitteln auftreten können, sind dosisabhängig. THC kann in geringen Dosierungen zu Schwindel und Müdigkeit führen. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert mit der Therapie abends zu beginnen, um die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten solcher Nebenwirkungen zu minimieren. Bei Überdosierungen können unter THC-Einfluss Aufmerksamkeitsstörungen, Desorientiertheit, Gangunsicherheit oder paranoide Reaktionen auftreten. CBD ist, anders als THC, auch in hohen Dosen sehr gut verträglich. Sogar Dosierungen bis 50mg pro Kilogramm Körpergewicht werden gut toleriert. Allerdings kann CBD in therapeutischen Dosierungen (10 – 20mg pro Kilogramm Körpergewicht) zu einer Erhöhung der Leberwerte führen. Diese ist in der Regel vorübergehend und normalisiert sich meistens von ganz alleine. Allerdings sollten Patienten mit Vorerkrankungen der Leber nur nach ärztlicher Rücksprache auf CBD eingestellt werden, sofern hohe therapeutische Dosen notwendig sind.
Cannabis und Fahrtüchtigkeit?
Cannabisbasierte Arzneimittel können auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Daher sollten das Führen von Fahrzeugen, die Bedienung von Maschinen oder sonstige gefahrvolle Tätigkeiten während der ersten Tage nach Therapiebeginn und bei Dosiserhöhungen unterbleiben. Dies gilt insbesondere bei THC-dominaten oder reinen THC-Produkten. Auch bei eingestellten Patienten ist die Entscheidung, am Straßenverkehr teilzunehmen, immer individuell und situationsbedingt zu treffen! Als Patient sollte man auch immer eine Rezeptkopie mit sich führen, um sich entsprechend auszuweisen.
Kontraindikationen für eine Cannabinoidtherapie
Von einem Einsatz THC-haltigen Arzneimitteln während der Schwangerschaft und Stillzeit ist dringend abzuraten. Außerdem wird eine Anwendung bei Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie und anderen psychischen Erkrankungen nicht empfohlen. Ebenso kann THC dosisabhängig zu einer Erhöhung bzw. Erniedrigung der Herzfrequenz führen. Darauf müssen Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen hingewiesen werden. CBD ist – anders als THC – bei Schwangerschaft und Stillzeit nicht kontraindiziert, allerdings sollte vor Therapiebeginn der Therapie-Nutzen gegenüber dem Risiko abgewogen werden. Da CBD die Leberwerte vorübergehend erhöhen kann (s. Nebenwirkungen), sollten Patienten mit Vorerkrankungen engmaschig kontrolliert werden – insbesondere in der Phase der Dosistitration zur Ermittlung der wirksamen Dosis.